+++ Im Kalenderjahr 2023 konnten wir die Mieteinnahmen des FOKUS WOHNEN DEUTSCHLAND um 3,2 % steigern +++ Durch die Entwicklung der Mieteinnahmen der Bestandsimmobilien und der Übernahme neuer Objekte ist die Nettosollmiete um über 25 % gestiegen
05.03.2021

Wir trauen unseren Augen keine Ornamentik mehr zu

„Wir trauen unseren Augen keine Ornamentik mehr zu“

Seit dem Ausscheiden von Klaus Niewöhner-Pape aus der Geschäftsführung der INDUSTRIA WOHNEN Ende Februar 2021 ist Arnaud Ahlborn unter anderem verantwortlich für den FOKUS WOHNEN DEUTSCHLAND. Anlass genug, mit ihm über den Fonds und die besondere Perspektive von Architekten auf Immobilienfonds zu sprechen.  

TPP: Herr Ahlborn, Sie sind von Ihrer Ausbildung her Architekt. Bringen Sie eine andere Perspektive auf Immobilien mit als der klassische Fondsmanager, der vielleicht BWL oder VWL studiert hat?

Arnaud Ahlborn: Meiner Meinung nach fallen die Perspektiven teilweise schon sehr auseinander. Die Fondsmanager fokussieren sich häufig auf die Zahlen und die Performance. Das Ergebnis: Moderne Gebäude sehen oft einheitlich und monoton aus. Kurz: Ihnen fehlt die architektonische Qualität. Diese ist meiner Meinung nach vor allem jedoch langfristig sehr wichtig. Denn wo die Leute wohnen wollen und ob sie sich wohlfühlen, entscheidet sich nicht zuletzt an diesen Fragen.

Wenn man beispielsweise im Rahmen einer Umfrage untersuchen würde, ob die Menschen lieber in einem Haus wohnen, bei dessen Architektur Ästhetik keine Rolle spielt, oder ob sie ein Haus mit Gründerzeitarchitektur bevorzugen würden, dann ist die Antwort meiner Meinung nach klar. Die große Mehrheit würde sich für das Gründerzeithaus entscheiden. Das zeigt übrigens auch folgende Tatsache: Die beliebten Viertel in den deutschen (und auch internationalen) Großstädten sind fast immer die Gründerzeitviertel – beispielsweise Berlin-Prenzlauer Berg, München-Schwabing, Köln-Belgisches Viertel, Frankfurt-Westend, Freiburg-Wiehre, Düsseldorf-Oberkassel etc. Und: Diese Quartiere sind nicht nur die beliebtesten, sondern meistens auch die teuersten. Es gibt also auch einen Zusammenhang zwischen guter Architektur und Immobilienwert.  

TPP: Aber ist heutzutage nicht alles so stark reguliert – beispielsweise durch Vorgaben zu Energieeffizienz, Brandschutz und Klimaschutz und natürlich durch die Kosten –, sodass es keinen Spielraum für die Architekten mehr gibt?

Arnaud Ahlborn: Dem muss ich entschieden widersprechen. Oft lässt sich schon mit sehr kleinen Veränderungen eine große Verbesserung erzielen. Dazu ein Beispiel: Wir haben bei einem Projekt nur die Farbwerte der Außenbeleuchtung verändert. Diese Maßnahme war im Vergleich zur ursprünglichen Beleuchtung nur unwesentlich teurer. Nach dem Austausch hatte die neue Beleuchtung viel mehr Wärme. Sie hatte damit auch plötzlich eine ganz andere Wertigkeit und die Leute haben sich wohler gefühlt und die Außenanlagen mehr angenommen. Andere Beispiele sind Fensterumfassungen, Abstufungen oder Schattenfugen, mit denen man die Wirkung einer Immobilie ohne große Mehrkosten stark verbessern kann. Wir trauen uns seit dem Bauhaus, also seit rund 100 Jahren, nicht mehr wirklich an die Ornamentik eines Hauses heran. Hiermit meine ich nicht, die klassischen Architekturformen der vergangenen Jahrhunderte unreflektiert zu übernehmen. Hier brauchen wir neue Ideen.

Meiner Meinung nach ist es gerade die Kunst eines Architekten, Lösungen zu finden, Architekturformen neu interpretieren um auf die Bedürfnisse der Zeit und ihrer Bewohner einzugehen und gleichzeitig keine großen Mehrkosten produzieren. Das ist natürlich eine Gratwanderung, aber sie ist machbar. Der Architekt hat somit unmittelbaren Einfluss auf den Wert einer Immobilie.

TPP: Haben Sie ein Beispiel, das Sie für sehr gelungen halten?

Arnaud Ahlborn: Ein gutes Exempel ist die Quartiersentwicklung Hildegardis in Mainz. Wir haben hier 347 Wohneinheiten gekauft. Für das Projekt haben wir eigens eine Investment KG-Struktur aufgesetzt, um mehrere institutionelle Anleger beteiligen zu können. Das Quartier entsteht auf dem Gelände eines ehemaligen Krankenhauses. Der historische Altbau mit Kapelle wird hier erhalten, auch das ehemalige Bettenhaus, das Schwesternwohnhaus und das Pneumologie-Gebäude werden entkernt, in Teilen erhalten und in Wohngebäude umgewandelt. Die ehemalige Strahlkraft der historischen Architektur bleibt bei dem Bestandsensemble erhalten und wird durch weitere fünf Neubauten umrahmt. Hochwertige Grün- und Außenanlagen runden das Quartier ab. Wir investieren hier sowohl in freifinanzierten als auch geförderten Wohnraum und erreichen damit eine wichtige soziale Durchmischung. Wir gehen davon aus, dass die unmittelbare Nähe zur Universität und zum Uniklinikum eine breite Nutzerschicht ansprechen wird.

TPP: Kommen wir zum Schluss noch auf den FOKUS WOHNEN DEUTSCHLAND zu sprechen. Wie sehen hier die Pläne für 2021 aus?

Der Publikumsfonds spielt für INDUSTRIA WOHNEN eine wichtige Rolle. Daher wollen wir ihn weiter ausbauen. Unser mittelfristiges Ziel liegt bei einem Bruttofondsvermögen von einer Milliarde Euro. Derzeit stehen wir bei 722 Mio. Euro. Wir gehen für 2021 von Mittelzuflüssen in Höhe von 150 bis 200 Mio. Euro aus. Uns sind seit Jahresbeginn rund 60 Mio. Euro an frischen Mitteln zugeflossen.

Diese Zuflüsse des Jahres 2021 planen wir, in drei bis fünf Neubauprojektentwicklungen zu investieren. Aufgrund unserer langen Marktpräsenz und den gewachsenen vertrauensvollen Verbindungen zu Projektentwicklern verfügen wir über eine gut gefüllte Ankaufspipeline.

TPP: Herr Ahlborn, vielen Dank für das Gespräch!

 

Stand: 05.03.2021

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