Wie schnell komme ich an mein Geld?
11. November 2020
Wer Anteilscheine von offenen Immobilienfonds erworben hat, muss bestimmte Fristen beachten, wenn er wieder an sein Kapital möchte. Die Einschränkungen sind aber nicht zu groß und dem Produkt mit seinem geringen Risikoprofil und längerfristigen Anlagehorizont angemessen, meint Martina Hertwig, Partnerin, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin bei Baker Tilly sowie Mitglied des ZIA-Präsidiums.
Kann ich kurzfristig aus einem offenen Immobilienfonds aussteigen?
Martina Hertwig: Von heute auf morgen kann man seine Anteile an einem offenen Immobilienfonds nicht mehr zurückgeben. Bis Juli 2013 war es tatsächlich möglich, seine Anteilscheine börsentäglich zurückzugeben. Aufgrund der Erfahrungen der Finanzkrise hat der Gesetzgeber diese sehr spontane Rückgabemöglichkeit abgeschafft. Die Krise in den Jahren nach 2008 hat gezeigt, dass eine kurzfristige Verfügbarkeit von Kapital und eine langfristige Investition in Immobilien nicht gut zusammengehen und im schlimmsten Fall bei uneingeschränkter Rückgabemöglichkeit die Fonds in Liquiditätsnöte bringen kann.
Welche neuen Regeln wurden stattdessen eingeführt?
Martina Hertwig: Der Gesetzgeber hat eine Mindesthaltefrist von zwei Jahren eingeführt. Ein Investor muss seine Anteile an einem offenen Immobilienfonds mindestens 24 Monate halten. Dann darf er sie erstmals zurückgeben. Außerdem wurde damals eine einjährige Kündigungsfrist eingeführt. Der Anleger muss die Rückgabe seiner Anteile zwölf Monate vorher unwiderruflich ankündigen.
Wie gehen Mindesthaltefrist und Kündigungsfrist zusammen?
Martina Hertwig: Die Kündigung kann auch innerhalb der ersten 24 Monate ausgesprochen werden. Die Rückgabe erfolgt dann genau zwölf Monate später – frühestens jedoch nach Ablauf der 24 Monate Mindesthaltedauer. Erfolgt die Kündigung nach Ablauf der Mindesthaltefrist, erfolgt die Auszahlung zwölf Monate später. Zudem haben einige Anbieter bestimmte Rücknahmetermine eingeführt – beispielsweise einmal im Jahr oder einmal im Quartal. Das Gros der Gesellschaften nimmt aber Kündigungen börsentäglich an.
Wie beurteilen Sie die Fristen?
Martina Hertwig: Meines Erachtens sind die Fristen dem Profil des Produktes angemessen. Sie haben die offenen Immobilienfonds stabiler gemacht. Offene Immobilienfonds sind ein Produkt für Privatanleger mit eher geringer Risikoneigung und längerfristigem Anlagehorizont. Idealerweise wird damit für’s Alter vorgesorgt. Obwohl mit den Fristen etwas an Flexibilität verloren gegangen ist, ist die Fungibilität des Investments immer noch groß. Außerdem können die Anteile alternativ auch über die Börse verkauft werden. Wer also von einem Tag auf den anderen an sein Kapital möchte, kann auch diesen Weg gehen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Stand 11.11.2020